Nikita’s Story
Da kann man schon jahrelang Hundehalterin sein, mit mehreren Hunden, mit verschiedenen Charakteren und denkt, man kennt seine Pappenheimer und dann BUMM holt einem die Realität ein.
Ich hatte schon diverse Vergiftungen bei den Hunden miterlebt: Schokolade in Kombination von Batterien wurden da schön aus dem Regal gefischt und einverleibt, eine halbe Alugrillschale heimlich im Garten gefressen (wie kommt ein Hund auf die Idee??), Rattengift in Cervelat im Wald schnell runtergeschlungen, Schneckengift in Wurst im Garten gefunden, doch alle haben das alles immer super weg gesteckt. Mit und ohne Tierarztbesuch. Man weiss ja mittlerweile, dass man einen grösseren Hund hat, der einiges mehr wiegt als die Hunde der anderen und somit auch mehr einstecken kann, bis es wirklich gefährlich wird.
Denkt man… Und man irrt gewaltig… Denn dann kommt der Tag an dem deine mittlerweile 9jährige Perro de Presa Canario Hündin beschliesst – sie hat Bauchschmerzen, weil sie wiedermal den Kaustengel runtergeschlungen hat – sich am Oleanderstrauch gütlich zu tun. Sie war zu dem Zeitpunkt bei meiner Mutter in Obhut. Meine Mutter konnte sie nicht wegzerren, da der Hund viel stärker ist als sie. So holte sie in der Küche eine Karotte und Nikita war mit dem Tauschhandel einverstanden. Soweit so gut. Ich eilte gleich zu meiner Mutter nach Hause, als sie mich anrief und dachte noch, naja 1-2 Blätter, das steckt sie weg.
Oleander ist giftig aber dass er so giftig ist, war mir nicht bewusst, da ich dachte, dass 1-2 Blätter vielleicht einen Chihuahua töten kann, aber doch nicht einen 40kg Hund. Ich liess sie viel, sehr viel Gras fressen ( wie eine Kuh) aber sie wollte sich nicht übergeben. Da meine Hündin normalerweise genau weiss, was ihr gut tut und was nicht und das dann entweder stehen lässt oder wieder aus dem Magen hochkommen lässt, war ich noch immer nicht alarmiert. Sie war total entspannt, rannte dem Ball hinterher und wälzte sich in der Wiese. Ich versuchte noch Kohletabletten in sie zu stopfen, aber sie wollte nichts fressen. Da sie ansonsten in guter Verfassung war, liess ich sie am Nachmittag zur Überwachung bei meiner Mutter. Dann ging ich wieder zu den Kundenterminen und holte sie gegen 17.00 ab. Auch da war sie noch entspannt, hat aber nicht erbrochen und auch keine Kohlegutzis fressen wollen.
Der Spaziergang von 30min war auch entspannt. Auf der Heimfahrt begann sie sich dann im Auto zu übergeben. 1 mal, 2mal, 3mal, es hörte kaum mehr auf. Ich dachte, gut, dann kommt endlich alles raus was nicht reingehört. Zuhause angekommen schaute ich mir das Erbrochene genauer an und da wurde es mir mulmig. Da waren weitaus mehr als nur 1-2 Blätter drin, da waren etwa 6-8 Blätter zum Teil eingewickelt in Gras und natürlich der unverdaute Kauknochen. Sie trank viel Wasser, um sich sogleich wieder zu übergeben. Die Tierärzte hatten mittlerweile alle geschlossen und ich wählte die Notfallnummer. Der diensthabende Tierarzt meinte das sei nicht so schlimm, und sonst könne er sowieso nichts machen, da müsse ich nach Bern. Ok andere Notfallnummer der Region gewählt und der 2. Tierarzt bestellte uns sogleich in die Praxis, welche halt auch 15-20min entfernt war. Da angekommen wurde erst mal alle Vitalfunktionen getestet, und Blut genommen. Die Resultate dauerten nochmals einige Zeit und sie waren alle am unteren Limit.
Er meldete uns direkt in der Tierklinik Bern an. Als wir da angekommen sind war mittlerweile schon 21Uhr30. Die Mitarbeiter waren alle so nett und beruhigend, denn an mir nagten riesige Gewissensbisse. Die nächsten 24h seien ausschlaggebend. Nikita wurde nach innigen Abschiedsgedrücke in die Intensivstation gebracht. Am nächsten Morgen rief die Tierärztin mich an und ich dachte schon, ich kann sie wieder abholen. Der Zustand hat sich über Nacht massiv verschlechtert. Sie hat Herzrhythmusstörungen und Aussetzer. Sie könnten das Erbrechen nicht stoppen trotz starken Medikamenten. Am Nachmittag konnte ich sie besuchen. Sie konnte kaum noch gehen und erbracht eine stinkige Masse, die mich an Fäkalien erinnerte. Die Tierärztin bestätigte meinen Verdacht, dass die Nieren nicht mehr arbeiten.

Am Abend bekam ich das Update ihres Zustandes und der war nicht gut. Sie hat nun angefangen schwarzes Blut zu erbrechen und abzusetzen. Also es lief aus ihr raus. Am Tag 3 im Spital hatte das Gift nun den Magen-Darmtrakt vergiftet, entzündet und gelähmt. Sie bekam 5 Stunden lang eine Plasmapherese (eine Blutwäsche) und mein Seelenhund sah aus wie ein Häuflein Elend. Am Abend der Anruf, dass sie momentan auf tiefem Niveau stabil sei, aber dass die Blutung noch nicht aufgehört haben. Sie teilten mir mit, dass noch nie ein Hund mit so einer starken Oleandervergiftung 3 Tage überlebt habe.
Sie haben mit den Grosstierärzten Kontakt aufgenommen, wie Pferde mit dieser Vergiftungsart therapiert werden. Am Morgen des 4. Tages kam der Anruf, vor dem ich am meisten Angst hatte. Wir sollen sofort kommen, da ihr Zustand sich so massiv verschlechtert hat, dass sie jeden Moment sterben kann. Wir flogen fast nach Bern vor Angst zu spät zu kommen. Sie hatte so viel Blut verloren und keine Medikamente schlugen an. Zudem waren die Herz-Kreislaufwerte wie eine Achterbahn. Einzig die Nieren haben wieder angefangen zu arbeiten. In den 1.5h Besuchszeit (Danke danke für diese Zusatzzeit!) haben wir uns von ihr verabschiedet. Am Ende wurden ihre Werte nochmals gemessen und sie hat sich stabilisiert! Puh, näher am Tod als am Leben, aber sie gab nicht auf.
Bei der Ultraschalluntersuchung haben sie ein Loch in der Magenwand entdeckt, durch das sie so enorm Blut verlor. Hinzu kam noch die Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Nochmals eine niederschmetternde Nachricht. Am nächsten Morgen ( Tag 5) bekam sie nochmals eine Blutwäsche und ich solle so schnell wie möglich einen geeigneten Blutspender finden für eine Frischbluttransfusion. Ein Halbbruder lebte in der Nähe von Zürich mit seiner Besitzerin und sie kamen direkt nach Bern. Doch leider war das Blut von einer Zecke verunreinigt worden und unbrauchbar. Ich verzweifelte fast.
Nikita erhielt mittlerweile Methadon, da die anderen Schmerzmittel nicht mehr wirkten. Sie war total abwesend in einer anderen Welt und ich habe nur ganz selten ein Zeichen in ihren Augen gesehen, dass sie mich erkannte. Es war schlimm und auch die Ärzte schienen mutlos. Ich hatte ihr und mir schon immer versprochen, dass sie nicht leiden muss, wenn keine Heilung mehr besteht. Verzweifelt fragte ich die Tierärztin, was sie in meiner Situation machen würde, wäre es ihr Hund. Sie bat mich, noch bis am nächsten Tag zu warten, da sie die ganze Hoffnung auf die Bluttransfusion setzte. Ich sagte Niki und mir, dass sie gehen kann, wenn sie nicht mehr kann oder will. Dass ich ihr nicht böse bin. Am späten Nachmittag begannen sie mit der Bluttransfusion.
An diesem Tag machte ich einen Aufruf in meinem Freundeskreis in den sozialen Medien, sie sollen alle an Niki denken und ihr positive Gedanken und Hoffnung schicken. Am späteren Abend teilte mir die Klinik mit, dass sie die Transfusion gut aufgenommen hat, weil da die akute Gefahr eines Schocks mit Herzstillstand bestanden hatte. Am 6. Tag erkundigte ich mich früh am Morgen gleich nach ihrem Zustand. Er hat sich stabilisiert und sie habe seit 6h nicht mehr Blut erbrochen. Endlich eine gute Nachricht! Sie sei sogar etwas aufgestanden und habe Wasser getrunken. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Aber ihr Herz machte immer noch grosse Unregelmässigkeiten und die Entzündungen im Körper waren hoch.
Bei der Besuchszeit kam sie selbständig gehend ins Zimmer und ich hatte fast einen Zusammenbrach vor Freude. Sie sollte bald anfangen zu fressen, das sie über 4kg verloren hat. Aber ab da ging es endlich aufwärts. Sie hat noch einen langen Genesungsweg vor sich und musste noch weitere 4 Tage in der Klinik bleiben, bis sie genug stabil war nach Hause zu kommen. Aber sie hat das Unmögliche geschafft. Meine Kämpferin.
Jeden Tag habe ich ihr Energie aus dem Universum gegeben und liess sie durch mich in sie strömen. Ich glaube daran, dass es ihr geholfen hat, denn jedes mal wenn ich bei ihr war, hat sie sich stabilisiert und über Nacht wieder verschlechtert oder noch schlimmer. Sogar dem Pflegepersonal und den Ärzten ist es aufgefallen bei den Messungen. Egal wie, aber das Wunder hat stattgefunden. Mir ist es ein grosses Anliegen, dass besser über giftige Pflanzen, Nahrungsmittel usw. aufgeklärt wird. Denn wenn es einem selber betrifft ist es meist schon zu spät.
Simone Sieber von Hundephysio Seeland – Dog-Community